Kurzgeschichten
Immobilienkrise mit Happyend

Tobi und Lucy kennen sich schon aus dem Spatzenkindergarten. Heute sind sie sehr aufgeregt. Tobis Mami hat ihn aus dem Nest geworfen. Da hat sich so ein Typ eingenistet, der den Macker spielt. Tobi solle sich gefälligst selbst einen Unterschlupf für die kalten Winternächte suchen. Das ist hart. Und gemein. Auch Lucy ist obdachlos. Ihre Mama  war gegen ein Fenster geknallt und verstorben. Ohne Dach über dem Kopf warteten kalte Nächte auf die beiden.
Sie fliegen alle Nistkästen an. Aber hier drängeln sich schon viele dicht an dicht. Der freche Fritz versetzt Tobi gar einen Tritt. Die schüchterne Lucy sieht es  mit Schrecken. Fritz war schon immer ein Raudi. So flattern beide schnell davon und suchen und suchen.

Das Gewächshaus steht einen Spalt offen. „Herrrreinspaziert“ ruft die aufgeblühte Engelstrompete. Wie Glocken baumeln drei mächtige gelbe Blütentrichter im zarten Wind des Heizlüfters. Warme Eckchen mit zerknüllten Wischtüchern gibt es hier jede Menge.  „Aber“, seufzt  Tobi, „das könnte gefährlich werden, wenn sich die Türe einige Tage nicht öffnet. Dann würden wir verhungern!“  Lucy schluckt schwer.
Sie fliegen wieder heraus und schnappen sich ein paar leichtsinnige Läuse, die sich unter dem Laub versteckt hatten. Ein Rascheln verrät Rita, die mörderische Katze, die auch noch unterwegs ist.  Der wollen sie nicht begegnen. Husch-husch, schnell weg. Tobi und Lucy picken im Futterhäuschen ein paar Körnchen. Ja, wenn man hier über Nacht bleiben könnte! Da hätte man wenigstens ein Dach über dem Kopf. Aber Ruhe kehrte hier nicht ein. Besonders in den Morgenstunden herrscht schlimmer Flugverkehr. Vor allem die blöde Elster Else macht sich immer so breit und puhlt die Rosinen heraus. 
Plötzlich kommt Bewegung in den Garten. „Wo hast Du denn die Reisighütten hingetan“, ruft Bernhard zum Haus hin. Tobi und Lucy verstecken sich im Birnbaum und sehen, wie Bernhard an der Hecke rummacht. „Wie soll ich denn die  Dinger festmachen“, schimpfte er und wühlt zwischen den Heckenzweigen herum.  Nach getaner Arbeit stapft er wieder zurück ins Haus.
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Tobi und Lucy flattern neugierig zur Hecke. Verdutzt entdecken sie ein Loch. Vorsichtig setzen sie sich auf den Rand und gucken hinein. Nix. Tobi trippelt vorsichtig hinein und fliegt mit einem Juchzer wieder heraus. „Ein Haus, ein Haus, es ist ein richtiges Winterhaus! Schau nur Lucy, da passen wir zwei gut hinein.“ Nun inspiziert auch Lucy das Loch. Es sieht aus wie eine Kugel aus Reisig.  „Meinst Du, dass das sicher ist?“, fragt Lucy leise und… „dass das wirklich für uns ist?“ „Klar,“ piepst  Tobi aufgeregt. „Wir müssen es nur noch ein bisschen aufpimpen! Also ein paar Blätter und Gräser unten rein, damit es weich und mollig warm wird.“  „Aber“ plappert Lucy ängstlich, „ aber wenn die anderen kommen und es uns wegnehmen?“  Tobi überlegt und flüstert leise: „Wir müssen es gut verstecken“.
Sie stecken ihre Köpfe zusammen und überlegen. Bisher hat niemand diese Höhle gesehen. Wie macht man sie unsichtbar? Und dann haben beide die gleiche Idee. Ihre Mamma hat ihnen beigebracht, wie man aus Gräsern und Ästchen weiche Bettchen baut. Genauso könnte man einen Vorhang häkeln und vor das Einflugloch klöppeln. Dann würde niemand das Loch in der Hecke sehen. 
„Pscht“, raunen sich beide gleichzeitig zu und Lucy beginnt unverzüglich Ästchen aus der Hecke um das Loch  zu ziehen. „Ich hol“ Material“, ruft Tobi und kommt bald mit einem Büschel Gräser zurück. Und Lucy häkelte daraus eine grüne Gardine und steckte sie mit kleinen Ästchen fest. Und innerhalb kürzester Zeit ist das Loch in der Hecke nicht mehr zu sehen.  Tobi holt noch ein paar Sonnenblumenkörnchen und dann kuscheln sie sich aneinander. So überstehen sie diese kalte Nacht. Es ist die Nacht vor dem Heiligenabend.
Am nächsten Morgen lugen sie vorsichtig aus ihrer Höhle. Niemand hat sie gefunden. Nur am Futterhäuschen quasseln die alten Freunde. Heute sei Weihnachten und deshalb sei so viel gutes Futter im Häuschen. Der schon fünf Jahre alte Felix erzählt, dass die Menschen an Weihnachten die Tiere beschenken. Tobi und Lucy schauen sich wortlos an. Ist das Hüttchen ihr Geschenk?
Als sie am Abend wieder hinter die Gardine klettern, hören sie ein zaghaftes, hilfloses „Piep – niemand hat mich lieb“. Tobi sieht ein winziges Vöglein am Futterhäuschen. Ein Nachzügler. Schutzlos. Ein Sonntagsbraten für die gefräßige Elster. Lucy blickt ihn bittend an. „Hol das Kleine rein. Der Platz reicht auch für drei. Und zu Dritt ist es auch noch wärmer“.  Tobi grinst: „Du meinst, dann wären wir eine richtige kleine Weihnachtsfamilie? Fehlt nur noch ein Weihnachtsbaum. Lucy grinst: „Du hast `n Vogel!“ Tobi: „Nö. Gleich zwei“.

© Diese Geschichte ist kein Produkt von Chatgpt; alles selbst erdacht, erstunken und erlogen.

© Fischer + Siegmund 2024

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Letzte Aktualisierung: 22.12.2024